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HERZSPUR
Nachthimmelblau
deine Zeilen,
sternengespickt
voll.
Ich lese sie
immer wieder,
blätter zurück
ins taghelle
Licht
und höre
dich sagen
"Leb wohl"
(Kerstin Magirius, 06. 01.2014)

JÜDISCHER WINTER
Sie malten die Finger sich blutig, die Kinder.
Der Schnee färbte rot sich im jüdischen Winter.
Die Leiber der Kleinen, sie pressten die Hände
mit letztem Entsagen an eiskalte Wände.
Sie rieben sich blutig, mit tränendem Herzen.
Die Steine der Mauern, sie weinten vor Schmerzen.
Sie weinen noch heute an Tagen im Winter,
gedenken der Hände der sterbenden Kinder.
(Kerstin Magirius, 11. 01.2014)

LICHTKALT
Ein einsames Viertel,
noch atmen die Wände
das Ein und das Aus
der lichtkalten Räume.
Die Fenster verschlossen -
nur Vögel, sie singen
auf blühenden Zweigen
verrosteter Träume.
Die mundtoten Augen
auf stählernen Beinen,
gehärtet im Mörtel,
von Menschen gebunden.
Der Zeit nun entwachsen,
die Vögel, sie singen.
Sie tragen den Frühling
in lichtkalte Wunden.
(Kerstin Magirius, 29.01.2014)

AM RANDE
Sie schlagen Zelte auf-
Verschlagene am Rande,
versammeln sich
um Feuer
dicht an dicht,
keine Luft lassend
der Kälte,
dem Hunger,
dem lähmenden
Aschgrau der Zeit.
Knorrige Hände
wie Stecken von Ästen
über den Flammen
vereint.
Nur Krähen ringsum,
sonst nichts.
(Kerstin Magirius, 04. 02.2014)

BEGRENZTE SICHT
Nebelfelder
noch immer
geisterhaft
zwischen
hier und dort.
Ein Zögern,
Ausbremsen,
Stehen bleiben,
Verunsichern,
Rückzug.
Glaubhaft,
spürbar,
HERZ-lich
begrenzt.
(Kerstin Magirius, 10. 02.2014)

KLÄNGE DER ZEIT
Verlautbarend
das Reiben,
Zerreiben
bis jeder Klang
reibungslos
dünnwandig
klingt
nach
angepasst.
(Kerstin Magirius, 10.02.2014)

RÜCKZUG
(Bournout)
Erschöpfung
zeigt ihre Züge...
nackt, offen,
dem Auge
des Wohlwollens
unangepasst.
Zu weltlich,
zu glaubhaft,
zu offensiv.
Mit dem Stempel
gesellschaftlich
ungeeignet
erfährt Erschöpfung
Wertung,
Abwertung,
Entwertung.
Eine bildhafte
Korrumpiertheit
schlechthin.
(Kerstin Magirius, 11. 02. 2014)

DU
Verwirrt das Kind
in deinem Blick,
der kalte Hauch
von einem Fick.
Von fremder Lust
getaucht in blau,
der Stumme Schrei
nach deiner Frau.
Verwundet hockt
vor ihrem Schrein
das wirre Kind
mit sich allein...
an diesem Ort
in blau getaucht,
von fremder Lust
brutal missbraucht.
Das Kind in dir,
in deinem Blick,
es spürt ihn noch,
den kalten Fick.
(Kerstin Magirius, 15. 02.2014)

SPUREN
Wintersonne
immer noch
in den Bombentrichtern
Grasnarben
verfestigt
grün
umspielend
der Wunsch
nach Vergessen
von Aufgeworfenem
zersplittert
Stein
kalt
gefühlt.
Dieser Wald
lebt
damit.
(Kerstin Magirius, 16. Februar 2013)

DAS DAZWISCHEN
Sind nur ein, zwei Schritte
zwischen dir und mir.
Eine fremde Mitte,
die uns trennt vom Wir.
Sind nur ein, zwei Worte
ungesagt im Raum.
Bleibt wohl zu die Pforte,
die uns trennt vom Traum.
Sind nur ein, zwei Nelken
herzverblüht schon da.
Eine Spur von Welkem,
die uns trennt vom Ja.
(Kerstin Magirius, 17. 02. 2014)

am RANDe der STADt
Die Gauner kriechen
Kanalratten gleich
aus ihren Löchern,
getarnt mit lächelnden Masken -
zuvorkommend,
reich verziert
mit Worten
wie
"Good to Know you".
Fratzen der Zeit,
furchtlos
jede Schranke
durchbrechend.
Macht und Gier
geben sich die Hand
und KEINER,
der
das Unrecht
bekämpft.
(Kerstin Magirius, 09. April 2014)

SELBSTVERRAT
Immer schön
nach dem Mund
reden.
Nur nicht wirklich,
ohne Aufgesetztheit.
Immer schön
lächeln
wie eine Katze
Schwanz wedelnd
die Vorteile
abschöpfen
dabei
der Liebe
die Krone aufsetzen.
Ruhm um jeden Preis?
Anders wird sie ihn ansehen
bald
danach
und dann....
(Kerstin Magirius, 03.07.2014)

TRAUM
Von Blumen träumte ich heut Nacht,
von Blumen, die zum Himmel weinen.
Vom Dröhnen einer fernen Schlacht,
von messerscharfen, spitzen Steinen.
Von Kindern träumte ich heut Nacht,
von Kindern, die von Blumen träumen.
Kein Kind hat in den Traum gelacht
Sie glichen kahlen, kranken Bäumen.
Von Morgen träumte ich heut Nacht,
von einem Morgen, der nicht endet.
Vom Traum bin ich noch nicht erwacht,
dass sich das Blatt vielleicht noch wendet.
(Kerstin Magirius, 20. Juli 2014)
HÖLLENFEUER
Wider alle Vernunft
ohne Einhalt
zerstören sie
unter Gottes Flagge
was dem Volk
heilig.
Du darfst
schreiben sie groß
nur diesen einen
Glauben
sonst
nichts.
Glauben
gespaltenes
Holz
das brennt,
das alles Andersdenkende
verbrennt
wieder
wider alle Vernunft
(Kerstin Magirius, 09. August 2014)

ENDZEIT
Verschlossen sind nun Himmelstore,
auf der Erde dorrt der Sinn.
Einst begüterte Empore
neigen sich zur Hölle hin.
Verbrüdert stärkt sich nun das Dunkel,
an den Ängsten hockt der Tod.
Einst erbauliches Gemunkel
färbt das Grün der Worte rot.
Verloren sucht sich nun das Leben,
aus den Herzen weicht das Licht.
Und die biblisch letzten Tage
zeigen göttlich ihr Gesicht.
(Kerstin Magirius, 16. August 2014)

DER SINN VOM SINN
Im Sinn von Liebe
sagt der Eine
und wirft auf den
Andren Steine.
Im Sinn von Glauben
und von Ehre,
dass die Menschheit
sich bekehre.
Im Sinn von Frieden
will es scheinen
wehrt der Andre
sich mit Steinen.
Im Sinn der Steine
sterben Kinder
Er wird hart,
der nächste Winter.
(Kerstin Magirius, 23.09.2014)

FEUERVOGEL
Durch seine Schwingen
lärmt der Wind
noch lauter
und die Herzen
verklumpen
zu Stein.
Nur Angst noch
verdichtend am Horizont
Flammen aus Eis.
Brennend darin
wir
(Kerstin Magirius, 11. 10. 2014)

SELBSTLAUF
Offne Türen,
kalte Räume.
Weiße Wände,
Winterträume.
Feuchte Augen,
stumme Fragen.
Laute Stille,
Fremdvertagen.
Wunde Herzen -
kleine, große
alte, junge,
heimatlose.
(Kerstin Magirius, 01.11.2014)
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